Marina Schmitz

Marina Schmitz ist CSR Expertin bei der Polymundo AG sowie Dozentin und Forscherin am Coca-Cola Chair for Sustainable Development an der IEDC-Bled School of Management in Slowenien. Außerdem verfügt sie über mehrjährige Berufserfahrung als Beraterin, Dozentin, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektmanagerin am Center for Advanced Sustainable Management (CASM) der CBS International Business School in Köln sowie der Universität Göttingen (Lehrstuhl für Personalmanagement mit Schwerpunkt China/Asien).
Nachhaltiges Wirtschaften ist für sie die DNA zukunftsorientierter Geschäftspraktiken, daher sucht sie gezielt den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Unter ihren vorwiegend englischsprachigen Publikationen befinden sich auch zwei Sammelwerke zu den Themen CSR in Rheinland-Pfalz und CSR im Mittelstand. Zudem beschäftigt sie sich mit der Entwicklung innovativer Lehr- und Lernformate im Zusammenhang mit Bildung für nachhaltige Entwicklung.

INTERVIEW MIT MARINA SCHMITZ

1. Wie bist du zu dem Bereich Nachhaltigkeit gekommen? 


Ich habe mich 2012 im Bereich internationales Personalmanagement zufällig mit einem Thema beschäftigt, das auch eine hohe Relevanz für Themen im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit hat – und zwar u.a. die Arbeitsbedingungen von chinesischen Fabrikarbeitenden in internationalen Tochtergesellschaften in China. Über dieses Thema bin ich dann über die Jahre immer weiter in die breit gefächerten Facetten der Nachhaltigkeit in Unternehmen eingetaucht.

2. Was interessiert dich an Nachhaltigkeit besonders? Warum ist (gutes) nachhaltiges Wirtschaften so wichtig?

Gutes nachhaltiges Wirtschaften ist aus mehreren Gründen von zentraler Bedeutung, sowohl für mich persönlich als auch für Unternehmen und für die Gesellschaft im Allgemeinen:
Angesichts globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel, dem Verlust der Biodiversität und der Ressourcenknappheit ist es entscheidend, dass Unternehmen umweltverträgliche Praktiken anwenden. Nachhaltiges Wirtschaften trägt dazu bei, die Umweltauswirkungen zu minimieren und die natürlichen Ressourcen für zukünftige Generationen zu erhalten.
Außerdem können Unternehmen zur Lösung sozialer Probleme beitragen, beispielsweise durch faire Arbeitsbedingungen, angemessene Löhne und den Schutz der Menschenrechte. Dies stärkt die Gemeinschaften, in denen sie tätig sind, und fördert eine inklusivere Gesellschaft.
Zusätzlich sind Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, oft langfristig erfolgreicher. Sie können Risiken besser managen, sich leichter an veränderte Umstände anpassen und von Kosteneinsparungen profitieren, etwa durch effizienteren Ressourceneinsatz oder geringere Energiekosten. Da immer mehr Regierungen weltweit Gesetze und Vorschriften einführen, die nachhaltiges Wirtschaften fördern oder sogar vorschreiben, vermeiden Unternehmen, die proaktiv handeln, Risiken durch Nichteinhaltung und sind besser auf zukünftige Änderungen vorbereitet.
Das bedeutet, dass Nachhaltigkeit zunehmend ein wichtiger Faktor für das Markenimage und die Kundenloyalität ist. Verbraucher und Investoren bevorzugen immer häufiger Unternehmen, die sich für nachhaltige Praktiken einsetzen, was direkte Auswirkungen auf den Umsatz und die Investitionsattraktivität haben kann.
Weiterhin fördert nachhaltiges Wirtschaften Innovationen, da Unternehmen gezwungen sind, neue Wege zu finden, um Ressourcen effizienter zu nutzen und umweltfreundliche Produkte zu entwickeln. Dies kann zu technologischen Durchbrüchen führen und Wettbewerbsvorteile schaffen. Dies ist eng verbunden mit Zugang zu Kapital, da Investoren zunehmend Wert auf nachhaltige Geschäftspraktiken legen und ESG-Kriterien (Environmental, Social, and Governance) in ihre Entscheidungsprozesse integrieren. Unternehmen mit starken Nachhaltigkeitsleistungen können oft leichter Finanzierungen sichern und zu günstigeren Konditionen Kapital aufnehmen.
Abschließend gibt es eine wachsende gesellschaftliche Erwartung, dass Unternehmen über Gewinne hinaus auch gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Dies trägt dazu bei, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wirtschaft zu stärken und kann zu einer positiveren gesellschaftlichen Wahrnehmung führen.

3. Was macht erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement aus? Welche Erfolgsbeispiele im Bereich Nachhaltigkeit inspirieren Dich?

Erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement zeichnet sich durch eine Reihe von Schlüsselmerkmalen aus, die sicherstellen, dass ein Unternehmen seine Aktivitäten in einer Weise gestaltet, die ökonomisch, sozial und ökologisch verantwortungsbewusst ist. Dazu zählen vor allem eine strategische Integration. Nachhaltigkeit sollte in die Kernstrategie des Unternehmens integriert sein und nicht nur als Zusatz betrachtet werden. Dies umfasst die Ausrichtung von Unternehmenszielen mit Nachhaltigkeitszielen, die von der obersten Führungsebene unterstützt und vorangetrieben werden.
Erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement erfordert außerdem Stakeholder-Engagement, d.h. die Einbeziehung aller relevanten Stakeholder, einschließlich Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Investoren und der Gemeinschaft. Durch regelmäßigen Dialog und Kooperation können die Bedürfnisse und Erwartungen dieser Gruppen besser verstanden und berücksichtigt werden. Ein offener Umgang mit Informationen bezüglich der Nachhaltigkeitsleistung ist entscheidend. Regelmäßige und transparente Berichterstattung, beispielsweise durch Nachhaltigkeitsberichte, schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei Stakeholdern.
Die Entwicklung und Implementierung von innovativen Lösungen, z.B. Technologien und Geschäftsmodellen, die zur Reduktion von Umweltauswirkungen beitragen, sind wesentlich. Dies kann von der Verbesserung der Energieeffizienz über die Reduktion von Abfällen bis hin zur Förderung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen reichen.
Ein gutes Risikomanagement, d.h., das Erkennen und Managen von ökologischen, sozialen und Governance-Risiken (ESG-Risiken) ist ein zentraler Bestandteil. Dazu gehört auch die Anpassung an regulatorische Änderungen und das Proaktivhandeln in Bezug auf potenzielle zukünftige Herausforderungen.
Das Setzen von klaren, messbaren und erreichbaren Zielen in Bezug auf Nachhaltigkeit ermöglicht es, Fortschritte zu überwachen und die Effektivität von Maßnahmen zu bewerten. Dabei sollte das Nachhaltigkeitsmanagement dynamisch sein und regelmäßig überprüft und angepasst werden, um auf Veränderungen in der Umwelt, Technologie und Gesellschaft reagieren zu können.
Für einen langfristigen Erfolg ist eine starke Unternehmenskultur, die Nachhaltigkeit auf allen Ebenen fördert, entscheidend. Schulungen und Weiterbildungen für Mitarbeiter können dabei helfen, das Bewusstsein und die Kompetenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit zu stärken.

Es gibt viele beeindruckende Erfolgsbeispiele im Bereich Nachhaltigkeit, die ich inspirierend finde und die zeigen, wie Unternehmen und Gemeinschaften nachhaltige Praktiken erfolgreich umsetzen können. Natürlich gibt es auch unter diesen Beispielen immer noch Verbesserungspotenzial:

Als Bekleidungsunternehmen ist Patagonia bekannt für sein Engagement für Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Patagonia spendet regelmäßig einen Teil seines Umsatzes für Umweltschutzprojekte und setzt auf recycelte Materialien in seinen Produkten. Das Unternehmen ist auch für seine Initiative zur Reparatur und Wiederverwendung von Kleidung bekannt, was die Lebensdauer der Produkte verlängert und Abfall reduziert.
Interface, ein Pionier im Bereich nachhaltiger Bodenbeläge, hat sein Geschäftsmodell revolutioniert. Interface verwendet recycelte Materialien für seine Produkte und hat das Ziel, bis 2020 keinen negativen Einfluss auf die Umwelt mehr zu haben – eine Initiative, die sie „Mission Zero“ nennen.
Ørsted war einer der intensivsten Kohleverstromer Europas, hat sich aber zu einem der weltweit größten Entwickler von Offshore-Windparks gewandelt. Das Unternehmen hat sich das Ziel gesetzt, bis 2025 CO2-neutral zu sein und spielt eine führende Rolle bei der Transformation der Energiebranche zu erneuerbaren Quellen.
Shift und Fairphone streben danach, nachhaltigere und fairer produzierte Smartphones (und im Falle von Shift auch anderes IT-Equipment) zu entwickeln. Beide Unternehmen legen Wert auf faire Arbeitsbedingungen, was den Bezug von Rohstoffen angeht, und auf die Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Geräte, um die Umweltauswirkungen von Elektronikschrott zu minimieren.

4. Was macht Dir an Deiner Lehrtätigkeit besonders Spaß?

An meiner Lehrtätigkeit macht mir besonders Spaß, dass ich ständig neue pädagogische Ansätze ausprobieren und theoretisches Wissen praktisch umsetzen kann und dabei in einem lebendigen Austausch mit den Kursteilnehmenden stehe. Ich freue mich immer wieder darauf, gemeinsam Neues zu lernen, Altes zu hinterfragen, neugierig zu bleiben, uns gegenseitig herauszufordern und komplexe Inhalte einfacher und greifbarer zu gestalten.