
- Circular Economy & Supply Chain
Chiara Bernd
Chiara Bernd ist Unternehmensberaterin bei 7stepssolution GmbH und Expertin für nachhaltige Lieferketten und Einkauf. Sie verfügt über mehrjährige Beratungserfahrung und unterstützt Unternehmen dabei, ökologische und soziale Verantwortung strategisch umzusetzen. Aktuell forscht sie im Bereich Circular Procurement und arbeitet an ihrer Dissertation. Darüber hinaus veröffentlicht sie regelmäßig Fachartikel zu nachhaltiger Beschaffung und Kreislaufwirtschaft. Als Dozentin gibt sie ihr Wissen an deutschen Hochschulen weiter und vermittelt praxisnahes Know-how zu Nachhaltigkeit, Einkauf und Lieferkettenmanagement.
INTERVIEW MIT CHIARA BERND
1. Was hat sich in den letzten Jahren in Deinem Job im Hinblick auf Agilisierung und Digitalisierung geändert?
Die Themen Agilität und Digitalisierung spielen mittlerweile eine zentrale Rolle in meiner Arbeit als Nachhaltigkeitsberaterin, insbesondere im Kontext nachhaltiger Lieferketten. Früher war Nachhaltigkeit oft ein reaktives Thema, heute wird sie zunehmend proaktiv in Unternehmensstrategien integriert – und dafür braucht es agile Denk- und Arbeitsweisen. Projekte verlaufen nicht mehr linear, sondern in iterativen Schritten, die Raum für Feedback, Anpassung und Lernen lassen.
Gleichzeitig hat die Digitalisierung viele neue Möglichkeiten geschaffen: ESG-Reporting-Plattformen, Lieferantenbewertungstools, KI-gestützte Risikoanalysen oder automatisierte Datenerhebung sind inzwischen essenziell, um Komplexität beherrschbar zu machen. Auch in der Kommunikation – sei es mit Stakeholdern, Kund:innen oder Teams – ermöglicht Digitalisierung neue Formate, mehr Transparenz und schnellere Entscheidungsprozesse. Das verändert nicht nur die Art, wie wir arbeiten, sondern auch, wie wir Wirkung erzeugen.
2. Was sind besondere Herausforderungen / Pain Points Deiner Kunden / Deines Unternehmens / Deiner Kollegen / etc.? Was braucht es für besondere Kompetenzen, um diese zu lösen?
Viele Unternehmen stehen aktuell vor einem Spannungsfeld aus steigendem externem Druck – etwa durch Regulatorik, Lieferkettengesetzgebung, Investorenanforderungen oder gesellschaftliche Erwartungen – und interner Überforderung. Nachhaltigkeit ist ein komplexes Querschnittsthema, das tief in Prozesse, Strukturen und Denkweisen eingreift. Es gibt häufig keine klaren Zuständigkeiten, unklare Datenlagen oder mangelnde Integration in bestehende Geschäftsmodelle. Der Übergang von Absichtserklärungen zu konkreten Maßnahmen ist eine der größten Herausforderungen. Gleichzeitig führen Zielkonflikte – z. B. zwischen kurzfristiger Effizienz und langfristiger Resilienz – zu Unsicherheiten in der strategischen Priorisierung.
Besonders herausfordernd ist auch die hohe Komplexität globaler Lieferketten. Hier endet Verantwortung nicht an der Werkstorgrenze, sondern beginnt häufig dort. Unternehmen müssen lernen, ihre Lieferbeziehungen nicht nur als wirtschaftliche, sondern auch als soziale und ökologische Verantwortungspartnerschaften zu verstehen. Um das erfolgreich zu gestalten, braucht es fachliche Tiefe, aber vor allem auch kommunikative und systemische Kompetenzen: Die Fähigkeit, verschiedene Interessen zusammenzubringen, konstruktiv mit Unsicherheit umzugehen, und komplexe Sachverhalte in handhabbare Lösungsansätze zu übersetzen. Als Beraterin bin ich hier oft nicht nur Fachexpertin, sondern auch Übersetzerin, Impulsgeberin und Brückenbauerin zwischen Welten – Fachabteilungen, Management, Lieferanten, Zivilgesellschaft.
3. Warum macht Dir Deine Aufgabe / Rolle / Lehrtätigkeit Freude und Spaß; was ist besonders für Dich daran?
Was mich an meiner Arbeit begeistert, ist die Verbindung von Wirkung und Sinn. Als Nachhaltigkeitsberaterin kann ich Unternehmen dabei unterstützen, Verantwortung nicht nur zu übernehmen, sondern als strategischen Vorteil zu begreifen. Es motiviert mich zu sehen, wie aus Skepsis Engagement wird – wenn Organisationen erkennen, dass sie aktiv gestalten können, sei es durch die Umsetzung nachhaltiger Einkaufsstrategien, durch transparente Lieferketten oder durch innovative Ansätze wie zirkuläre Beschaffung. Ich liebe es, gemeinsam mit Unternehmen Lösungen zu entwickeln, die sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich tragfähig sind – und dabei gleichzeitig interne Veränderungsprozesse anzustoßen.
Ein besonderer Teil meiner Arbeit ist meine Lehrtätigkeit. Ich unterrichte an deutschen Hochschulen zu den Themen Einkauf, Lieferkette und Nachhaltigkeit – aus der Überzeugung heraus, dass Bildung ein zentraler Hebel für Transformation ist. Es erfüllt mich, mein Wissen mit Studierenden und Berufstätigen zu teilen und komplexe Inhalte praxisnah zu vermitteln. Gerade im Bereich nachhaltiger Lieferketten sehe ich großen Bedarf an Orientierung und Verständlichkeit. Die Kombination aus Beratung und Lehre ermöglicht es mir, auf unterschiedlichen Ebenen zu wirken – strategisch, operativ, gesellschaftlich. Genau das macht meinen Beruf für mich so wertvoll.